Eine Zweitwohnungssteuer ist rechtswidrig, wenn sie ohne nachvollziehbaren Grund mit steigender Miethöhe prozentual niedriger ausfällt.
Eine solche degressive Gestaltung, wie sie auch die bisherige Sipplinger Zweitwohnungssteuersatzung vorgibt, verletzt nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Januar 2014 das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Deshalb ist der Gemeinderat dazu aufgefordert, die künftigen Erhebungsgrundsätze der Zweitwohnungssteuer neu festzulegen.
Die Zweitwohnungssteuer müsse sich als örtliche Aufwandsteuer nach der finanziellen Leistungsfähigkeit richten, erklärten die Karlsruher Richter. Dies leite sich aus dem Gleichheitsgebot in Artikel 3 des Grundgesetzes ab. Der degressive Steuertarif bewirke eine Ungleichbehandlung der Steuerschuldner, weil er weniger leistungsfähige Steuerschuldner prozentual höher belaste als wirtschaftlich leistungsfähigere.
Es stelle ein legitimes Ziel dar, die Steuerpflichtigen nach den Maßgaben des Melderechts zur Ummeldung des Nebenwohnsitzes in einen Hauptwohnsitz zu veranlassen. Ein weiterer zulässiger Lenkungszweck läge in der Erhöhung des Wohnungsangebots für die einheimische Bevölkerung. Die steuerliche Differenzierung durch einen degressiven Tarifverlauf erweise sich jedoch zur Erreichung dieser Lenkungszwecke weder als geeignet noch als erforderlich. Zwar möge die Erhebung der Zweitwohnungssteuer insgesamt geeignet sein, Zweitwohnungsinhaber zur Anmeldung des Hauptwohnsitzes zu bewegen; die degressive Ausgestaltung des Steuertarifs selbst fördere diesen Lenkungszweck jedoch nicht. Dieses Lenkungsziel würde in gleicher Weise durch einen linearen oder gar progressiven Steuertarif erreicht, bei dem diese Ungleichbehandlung nicht vorläge. Gleiches gelte für den Lenkungszweck, das Halten von Zweitwohnungen einzudämmen.
In über 100 Gemeinden Baden-Württembergs wird die Zweitwohnungssteuer als örtliche Aufwandsteuer erhoben (reine Kommunalsteuer). Einige Beispiele:
- Der Überlinger Stadtrat entschied sich in seiner Sitzung vom 15. Oktober 2014 für einen lineraren Steuersatz von 18 % des jährlichen Mietaufwands. In Überlingen sind über 600 Zweitwohnungen registriert. Das jährliche Steueraufkommen wird künftig knapp 1.000.000 € betragen.
- In Konstanz liegt der Zweitwohnungssteuersatz bei 20 %, wobei die Steuerbeträge stufenweise durch Höchstbeträge gedeckelt sind.
- In Baden-Baden wird die Zweitwohnungssteuer als progressiver Prozentsatz vom jährlichen Mietaufwand berechnet (bis 2.500 € → 20,0 %, über 2.500 € bis zu 5.000 € → 27,5 %, über 5.000 € → 35,0 %).
In Sipplingen gibt es insgesamt ungefähr 1100 Wohneinheiten. Stand Oktober 2014 werden 148 zur Zweitwohnungssteuer veranlagt. Das jährliche Steueraufkommen nach den bisherigen Erhebungsgrundsätzen beträgt ca. 100.000 €.
Der Sipplinger Gemeinderat entschied sich in seiner Sitzung vom 12. November 2014 für einen linearen Zweitwohnungssteuersatz von 18% der Jahresrohmiete, die gegebenenfalls auf der Basis von Einheitswerten hochgerechnet wird. Die neue Satzung tritt ab dem Jahr 2015 in Kraft. Der weitergehende Antrag mit einem Satz von 20% verfehlte knapp die erforderliche Mehrheit.