Die Gemeinde Sipplingen verfolgt, ebenso wie andere Gemeinden der Region, das Ziel, das Schienenverkehrsangebot auf der Bodenseegürtelbahn (BGB) zu verbessern. Daher befürwortet er die Elektrifizierung der Strecke und versteht unter Elektrifizierung die Befahrung mit einem elektrischen Antrieb, unabhängig davon, ob dieser Antrieb aus Oberleitungen, Batterien oder anderweitig ohne Rückgriff auf konventionelle Verbrennungsmotoren gespeist wird.
Im Jahr 2021 soll die Elektrifizierung der Südbahn von Friedrichshafen nach Um, im Jahr 2026 die der Hochrheinbahn von Basel nach Radolfzell abgeschlossen sein. Somit wird es ab 2021 keine durchgehende Zugverbindung von Basel nach Ulm mehr geben, sondern es muss in Friedrichshafen umgestiegen werden. 2026 kommt dann ein weiterer Umstieg in Radolfzell dazu. Alle Beteiligten sind sich daher einig, dass eine schnelle Elektrifizierung der BGB erforderlich ist, um für die Region eine Verschlechterung der Schienenverkehrsanbindung zu vermeiden. Vielmehr soll das Angebot möglichst durch kürzere Taktzeiten (Vorzugskonzept), verbessert werden, was ebenfalls eine Elektrifizierung erfordert.
Aufgrund der Erfahrungen bei der Elektrifizierung der Südbahn muss leider davon ausgegangen werden, dass eine Elektrifizierung mittels Oberleitungen in absehbarer Zeit nicht zu realisieren sein wird. Wie Herr Franke vom Regionalverband zuletzt bei einer Podiumsdiskussion erläuterte, hat die Elektrifizierung mittels Oberleitungen bei der Südbahn mehr als 30 Jahre gedauert. Selbst wenn man unterstellt, dass es bei der BGB schneller gelingt, steht realistisch betrachtet ein deutlich längerer Zeitraum als bis 2021 und sehr wahrscheinlich auch als bis 2026 im Raum. Zumal die BGB auch nicht in den kürzlich verabschiedeten Bundesverkehrswegeplan 2030 aufgenommen worden ist. Eine über Jahre anhaltende Verschlechterung der Verkehrsanbindung ist aus unserer Sicht jedoch nicht akzeptabel.
Deswegen favorisiert die Gemeinde Sipplingen angesichts des Standes der Technik derzeit eine schnell umsetzbare Batteriespeisung des elektrischen Antriebs, und zwar zumindest auf dem Teilabschnitt Radolfzell bis Uhldingen, idealerweise auf der gesamten Strecke Radolfzell bis Friedrichshafen, und abseits dieser Strecken eine Speisung aus Oberleitungen. D.h. ein Zugmaterial, das den genannten Teilabschnitt batteriegespeist befahren und abseits dieses Teilabschnittes benötigten Strom aus Oberleitungen beziehen kann. Solches Zugmaterial ist auf dem Markt schon erhältlich. Eine Ausweitung der Batteriekapazität für die gesamte Strecke Radolfzell-Friedrichshafen ist laut Angaben des Zugherstellers möglich. Technische Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit der vorgeschlagenen Lösung wurde durch Studien der Fachhochschule Nordwestschweiz bereits gezeigt.
Die vorgeschlagene Batteriespeisung, je nach Zugverbindung in Kombination mit einer Speisung aus Oberleitungen abseits der BGB, kann somit verglichen mit den für den Oberleitungsbau zu erwartenden Zeiträumen erheblich schneller realisiert werden. Diese Lösung ermöglicht also die angestrebte schnelle Elektrifizierung der BGB. Anstatt ab 2026 bis zur unabsehbaren Errichtung der Oberleitung in Friedrichshafen und Radolfzell auf Dieselzüge umzusteigen, kann mit unserer Lösung sofort ab 2026 von Basel bis Ulm umsteige- und unterbrechungsfrei elektrisch gefahren werden.
Zudem lassen die Studienergebnisse Kosteneinsparungen erwarten, sodass eingesparte Mittel für eine Finanzierung des Vorzugskonzepts mit kürzeren Taktzeiten eingesetzt werden könnten. Außerdem könnten durch einen früheren Wegfall der Dieselzüge deren Abgase und die damit verbundene Belastung der Region und ihrer Bürger viele Jahre früher entfallen. Dass darüber hinaus fast nebenbei das sensible und geschützte Landschaftsbild geschont wird, spricht ebenfalls für unseren Lösungsvorschlag.
Aus den dargelegten Gründen sehen sich die Gemeinde Sipplingen und ihr Gemeinderat nicht, wie verschiedentlich dargestellt, als Verhinderer einer Elektrifizierung der BGB. Vielmehr wollen wir durch den Einsatz moderner Technologien die allseits gewünschte Elektrifizierung kostengünstig und vor allem schnell realisieren, um Verschlechterungen der Verkehrsanbindung sowie Emissionen von Dieselantrieben zu vermeiden. Hierbei darf es keine Denkverbote geben.
Pressemitteilung der Gemeinde Sipplingen, 14.11.2018
Worte und Taten
Die Weichen im Kopf waren nur schwer umzustellen, immerhin hat die Gemeinde sich jetzt zur „allseits gewünschten Elektrifizierung“ bekannt. Dieses Bekenntnis wurde aus der Not heraus geboren, weil sich die Schlinge der Elektrifizierung der BGB immer enger schließt. Nun wird anscheinend auch den letzten konservativen Lokalpolitikern klar, dass sie nicht mehr länger verhindert werden kann. Um die ungeliebten Masten und Oberleitungen doch noch zu vermeiden, wird jetzt mit dem Vorschlag der Batteriespeisung des elektrischen Antriebs die Flucht nach vorne angetreten. Das ist ja auch auf den ersten Blick eine elegante Lösung. Doch auf den zweiten Blick wird klar: Damit kann nur noch der Regionalzug verkehren, der IRE von Ulm nach Basel sowie der Güterverkehr, die nicht mit Batteriezügen unterwegs sind, werden abgehängt. Und ob das die Region aus Rücksicht auf Sipplingen mit sich machen lässt, steht mehr als in den Sternen. Somit ist eine weitere Verzögerung der Elektrifizierung vorprogrammiert und der Vorwurf, als Verhinderer einer Elektrifizierung der BGB dazustehen, nicht ganz unberechtigt.
Zudem sprechen die Taten der Vergangenheit eine andere Sprache als die aktuellen Worte:
1. In den vergangenen Jahrzehnten wurde es versäumt, mit den anderen Gürtelbahn-Anliegergemeinden gemeinsam den Druck auf Stuttgart und Berlin zu erhöhen. Folge: Die BGB wurde wieder nicht in den kürzlich verabschiedeten Bundesverkehrswegeplan 2030 aufgenommen und bleibt somit landesweit als das letzte verbliebene Dieselloch abgehängt.
2. Das ausgerechnet für einen Parkplatz (!) abgebaute Kreuzungsgleis am Bahnhof Sipplingen hat auf der seither eingleisigen Strecke zwischen Überlingen und Ludwigshafen zu Verspätungen und Betriebsstörungen geführt, die vermeidbar waren. Eine solche Doppelspurinsel ist jedoch für eine höhere Taktfrequenz und einen stabileren Fahrplan unabdingbar. Ob die Gemeinde es also wirklich ernst meint mit „Vielmehr soll das Angebot möglichst durch kürzere Taktzeiten (Vorzugskonzept) verbessert werden“, wird sich spätestens dann zeigen, wenn der Parkplatz am Sipplinger Bahnhof wieder einem Kreuzungsgleis weichen muss.
Das Ziel „das Schienenverkehrsangebot auf der Bodenseegürtelbahn (BGB) zu verbessern“ ist schnell dahingesagt. Und Papier ist genauso geduldig wie pdf-Dateien. Der Gemeinderat ist jetzt am Zug, den schönen Worten auch Taten folgen zu lassen, denn nur Taten zeigen den Wert der Worte!
Ein weit verbreiteter Irrtum, ist dass eine Elektrifizierung der Gürtelbahn zu einer Verbesserung führt. Dies wurde auch beim Hearing im Landratsamt durch den Vertreter der DB deutlich. In der Tat ist der Abschnitt zwischen Radolfzell und Friedrichshafen wegen der Eingleisigkeit nicht wirklich geeignet für einen Interregio. Wer fährt schon von Basel nach Ulm via Bodenseegürtelbahn.
Sinnvoller wäre es, diesen Abschnitt nur für den Regionalverkehr zu nutzen, und zwar mit modernen Zügen mit Hybridtechnik, wie sie in der Region gebaut werden könnten.
Dies würde die unvergleichliche Uferlandschaft zwischen Überlingen West und Espasingen erhalten und den Anwohnern eine pünktliche Zugverbindung in der Region verschaffen. Ehrlich, wem nützt ein Interregio ? Sipplingen, Espasingen und Ludwigshafen nicht; wir haben davon nur einen lauten durchrasenden Zug .
Leere Worthülsen …
Nun ist klar, dass den schönen Worten keine Taten folgen: „Die Anlage eines zweiten Gleises ist auf der Gemarkung Sipplingen nicht vorzusehen.“ Wir brauchen nicht weiter nach Inhalt der Worthülsen zu warten.
Das gleiche Bild bietet sich beim Klimaschutz:
„Die Thematik „Klimaschutz“ ist sehr wichtig und darf nicht vernachlässig werden. Ich darf Ihnen an dieser Stelle versichern, dass die Gemeinde Sipplingen den Klimaschutz bei Ihren Entscheidungen so gut es eben geht immer berücksichtig.
Die von Ihnen beschriebene Aktion läuft meines Wissens lediglich unter #Klimanotstand in Nordrhein-Westfalen. Baden-Württemberg ist hiervon nicht berührt. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir aus diesem Grunde die Resolution nicht unterstützen können.“ (Antwort vom Bürgermeister auf meine Anregung zum Klimanotstand)
Konstanz gehört nicht zu BW, bei uns gibt es Parkplätze mit Seesicht und das mit dem Klimawandel wird schon nicht so schlimm …